Editorial

Mit dem Rückblick auf 2018 im Schumann-Journal Nr. 8 sind wir auch schon mittendrin im Schumann-Jubiläumsjahr 2019, in dem Clara Schumanns 200. Geburtstag gefeiert wird. Denn natürlich liefen schon 2018 nicht nur allerorts intensive Vorbereitungen für Ausstellungen und Veranstaltungen 2019, darunter insbesondere die in diesem Jahr Clara Schumann meist schon im Titel führenden Schumannfeste. In Leipzig wurde an der neuen, Clara Schumann neben ihrem Mann Robert gleichberechtigt einschließenden Konzeption der Schumann-Gedenkstätte im dortigen Schumannhaus gefeilt, die am 13. September 2019 als Höhepunkt des Leipziger Schumann-Jahres (Clara19) glanzvoll eröffnet werden soll. Neue für die Forschung ganz wichtige Bände der Schumann-Brief-Edition wie etwa die Korrespondenz mit Joseph Joachim, dem nicht nur engen Schumann-Freund, sondern auch häufigsten Konzertpartner von Clara Schumann, wurden zur Druckreife gebracht und werden demnächst im Verlag Dohr erscheinen. Ebenso wurde an neuen Clara-Schumann-Biographien geschrieben, von denen die auf Bitte und im Auftrag der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft von Irmgard Knechtges-Obrecht geschriebene im Mai 2019 zuerst das Licht der Welt erblicken wird. Zu allseitiger Freude ist 2018 auch die schon lang allseits sehnsüchtig erwartete Edition der Jugendtagebücher von Clara Schumann fertiggestellt und zum Druck gebracht worden. Erstmals vorgestellt wurde sie vor wenigen Tagen von ihrem Herausgeber Gerd Nauhaus bei der Leipziger Buchmesse. Gerd Nauhaus, der vor vielen Jahren durch die Herausgabe der Tage- und Haushaltsbücher von Robert Schumann einen Meilenstein für die Schumann-Forschung gesetzt hat, gedachte dabei auch in warmen Worten der Mitherausgeberin Nancy B. Reich, der renommierten amerikanischen Clara Schumann-Biographin, die Anfang 2019 nahe von New York im Alter von 94 Jahren gestorben ist, und schon lange nicht mehr an der Herausgabe mitwirken konnte. Aber 2018 wurde natürlich nicht nur vorbereitet, sondern es fanden schon vermehrt dezidiert Clara Schumann gewidmete Konzerte und Lesungen statt, und es wurden die Premieren neuer Theaterstücke gefeiert, die von den in England lebenden Autorinnen Elena Mazzon und Viktoriya Papayani selbst auf die Bühne gebracht wurden und 2019 „all over the world“ gespielt werden. Und natürlich erschienen auch eine Reihe von Tonträgern, die Kompositionen Clara Schumanns vorstellen. Aber es wäre natürlich so ganz und gar nicht im Sinne Clara Schumanns, dass über sie, die zu Lebzeiten von Robert Schumanns als seit Kindestagen gefeierte Pianistin ihn an Berühmtheit weit übertraf, das Werk ihres Mannes hintenangestellt würde, dem sie als Interpretin und Herausgeberin seiner Werke bis zu ihrem Tode den ihm gebührenden Stellenwert zu verschaffen suchte und dies auch in vollem Umfang erreichte. Dass ihr eigenes Werk als Komponistin, weitaus schmaler als das Robert Schumanns, weil sie nach seinem Tode praktisch mit dem Komponieren aufhörte, dadurch in den Hintergrund geriet, hat sie in Kauf genommen und offenbar als ihre freie Entscheidung gesehen, die man dieser selbstbewussten, eigenständigen, auch wirtschaftlich aus eigener Kraft und Leistung trotz großer Kinder- und Enkelschar unabhängigen Frau, gefeierten Künstlerin und wahren ‚Grande Dame‘ des 19. Jahrhunderts auch abnehmen muss. Und trotzdem ist es auch bei der individuellen Würdigung von Clara und Robert Schumann wunderbar, sie auch weiterhin als sich gegenseitig inspirierendes Künstlerpaar und sich trotz aller Schwierigkeiten bis zu Schumanns frühem und elenden Tod als einander Liebende zu erkennen.

Robert Schumanns frühen Klavierwerken opp. 4 bis 6 ist im Schumann-Journal Nr. 8 auch der im letzten Jahr als Vortrag im Heinrich-Heine-Institut der Stadt Düsseldorf gehaltene Beitrag von Timo Evers gewidmet. Sie fallen in die sog. frühe Schaffensphase Schumanns von 1829/30 bis 1840, also umspannen genau die Zeit, als die kleine Clara, das Wunderkind seines Klavierlehrers Wieck die ersten Konzertreisen mit seinem Vater aufgenommen hat, und sich gegen Ende des Jahrzehnts in Wien als strahlender, hymnisch für ihr Beethovenspiel gefeierter Jungstar mit der ihr verliehenen Würde als kaiserlich-königliche Kammervirtuosin krönen konnte, womit ihre internationale Karriere so richtig Fahrt aufgenommen hat.

Als Pendant zu ihrem im letzten Schumann-Journal veröffentlichten Aufsatz über „Robert Schumann in Berlin“ hat Theresa Schlegel wunderbarerweise den Auftrag übernommen, sich im diesjährigen Schumann-Journal den ungleich häufigeren und längeren Berlin-Aufenthalten von Clara Schumann zu widmen, die als Witwe auch einige Jahre ihren Hauptwohnsitz in Berlin genommen hat.

Wie immer vorangestellt, ist diesen Beiträgen unser Schumann-Forum-Gespräch, das ich am 7.1.2019 mit unserem langjährigen Schumann-Forum-Mitglied, der holländischen Pianistin Claar ter Horst im Rahmen eines Gesprächskonzerts im Berliner Konzerthaus führen konnte, in dem eine Vielzahl jener großartigen Duette, Terzette und Quartette von Robert Schumann zur Aufführung kamen, die das Schumann-Netzwerk mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufnehmen lassen konnte, und die 2018 bei Naxos erschienen sind (vgl. Schumann-Journal 7, S. 414ff.). Das sowohl die Doppel-CD einleitende wie auch unserem in Kooperation mit der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin und dem Konzerthaus Berlin veranstalteten Gesprächskonzert vorangestellte Vokalquartett „Die Orange und Myrthe hier“ gab uns die Möglichkeit, mit Robert Schumanns mehrstimmigen Gesängen seiner Frau Clara zur Wiederkehr ihres 200. Geburtstages zu huldigen. Denn bekanntlich hat er sein im Sommer 1840 erstmals Clara Wieck gewidmetes Gedicht ihr ein zweites Mal, jetzt als Vokalquartett vertont, am 13. September 1853 zu ihrem 34. Geburtstag geschenkt, ihrem letzten Geburtstag, den sie fröhlich mit ihrem Mann feiern konnte.

Ebenfalls wie immer stellen wir Ihnen in üppiger Auswahl – viele davon mit einer ausführlichen Besprechung inkl. der Zusammenfassung in Englisch – die Schumann-Neuerscheinungen des vergangenen Jahres bis zum Jahresanfang 2019 vor, wie jedes Jahr begeistert über die Fülle an bemerkenswerten CD-Einspielungen! Selbstverständlich werden im Journal wie immer auch die im Berichtsjahr erschienenen Notenausgaben und Bücher vorgestellt, darunter natürlich auch die Neuerscheinungen aus der Robert-Schumann-Gesamtausgabe und der Schumann-Briefedition. Der seit ein paar Jahren von der Projektleiterin des Schumann-Netzwerks eingeführte Jahresrückblick präsentiert in diesem Jahr neben den Berichten aus Dresden, Leipzig und Zwickau bewusst eher einen Rück- und Ausblick in Bildern, die neben den Schumann-Festen, Schumann-Schwerpunkten und Schumann-Workshops auch andere besonders bemerkenswerte Ereignisse mit Schumann-Bezug zum Inhalt haben, wobei zwei Ereignisse auch für mich persönlich besonders aufregend waren und zwei unserer Schumann-Forum-Mitglieder betrafen: Das war Anfang November 2018 in Mainz die Festveranstaltung zur Verleihung des Robert-Schumann-Preises für Dichtung und Musik der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz an Jörg Widmann, dem der langjährige Vorstand der Wiener Philharmoniker, Prof. Clemens Hellsberg, eine sehr schöne, auch stilistisch feinst formulierte Laudatio hielt, die auch seine große persönliche Wertschätzung für Jörg Widmann deutlich machte. Ich freue mich sehr, dass mir Prof. Hellsberg auf meine Bitte eine schriftliche Fassung seiner Laudatio zum Abdruck im Schumann-Journal überließ, die Sie nun in dieser Ausgabe, auch in englischer Übersetzung finden. Um das Glück voll zu machen, spielte an diesem Abend auch unser Schumann-Forum-Mitglied Luisa Imorde (vgl. unser Schumann-Forum-Gespräch mit ihr im Schumann-Journal 6/2017, S. 31ff., auch online als Video in der Rubrik Schumann-Forum und auf Youtube abrufbar, bzw. als pdf in der Rubrik Schumann-Journal auf www.schumannportal.de) in der Mainzer Akademie und begeisterte das Publikum mit Werken von Robert Schumann und Jörg Widmann. Und ein Ereignis voller Glück war für mich Ende November 2018 auch die Vorstellung der ersten CD („Frage“) der Schumann-Lieder-Gesamtausgabe von Christian Gerhaher, dem Paten unseres Schumann-Forums, und Gerold Huber bei einer Konzertveranstaltung im Studio des Bayerischen Rundfunks in München. Dieses Projekt – die CD „Frage“ wird natürlich auch in dieser Ausgabe im Rezensionsteil gewürdigt ‒, das noch viele Glücksmomente verspricht, soll 2020 abgeschlossen werden.

Anfang 2019 fand auch der dritte Teil der 2017 begonnenen und von unserem Schumann-Forum-Mitglied Markus Kreul initiierten dreitägigen Meisterkurse für Masterstudenten Gesang am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg statt, die sich unter dem Titel „SCHUMANN SYMPOSIUM I-III“ intensiv dem Liedschaffen Robert Schumanns und seinen Vorlieben für bestimmte Dichter widmeten, dieses Mal unter Einschluss zweier Filmvorführungen, „Frühlingssinfonie“ und „Geliebte Clara“. Einen sehr schönen und bis Mai dauernden Zyklus in Gestalt von Workshops, Vorträgen, Lunch- und Festkonzerten hat – wie in den Vorjahren schon für Robert Schumann – das Studium Musicale di Ateneo der Università Cattolica del Sacro Cuore unter der Leitung von Prof. Enrico Reggiani und Martino Tosi mit dem Titel „Rassegna Clara Schumann“ konzipiert.

Was zu Beginn des Jahres 2019 schon an Veranstaltungen mit einem Bezug zu den Schumanns stattgefunden hat bzw. noch in seiner ganzen Fülle das Jahr 2019 ausmachen wird, sind natürlich viele Aktivitäten, die die Jubilarin Clara Schumann in den Mittelpunkt stellen, unter einem das nahe Ereignis der Uraufführung der Oper Clara von Victoria Bond im Rahmen der Osterfestspiele Baden-Baden, aber Robert Schumann dabei keineswegs vernachlässigen, wobei – unabhängig von den immer großartigen Aktivitäten unserer Schumann-Netzwerk-Mitglieder – auch mit Begeisterung auf entsprechende Veranstaltungen andernorts in Deutschland, aber auch in Strasbourg und Colmar, London, Mailand, New York, Los Angeles, Island etc. etc. hinzuweisen ist. Eigene Rück- und Ausblicke für ihre Einrichtungen und Aktivitäten in Zwickau, Dresden und Leipzig haben wie schon in den vergangenen Jahren Thomas Synofzik, Anita Brückner und Gregor Nowak verfasst.

Wie immer werden auch die Künstlerinnen und Künstler präsentiert, die dem 2011 neu gegründeten Schumann-Forum angehören und deren Zahl wir mit großer Freude Jahr für Jahr vermehren können. Nicht zuletzt sind natürlich auch wie immer die Mitglieder und Partner des Schumann-Netzwerks mit ihren Kontaktdaten aufgeführt.

Bei der Lektüre des Schumann-Journals 8 wünschen Ihnen viel Freude und Inspiration, Ihre

Ingrid Bodsch & Irmgard Knechtges-Obrecht

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